Kultur in Ho Chi Minh City

15. Oktober 2018 - Ho-Chi-Minh-City, Vietnam

Wer in Museen badet, erfrischt den Geist. (Erhard Horst Bellermann *1937, deutscher Bauingenieur, Dichter und Aphoristiker)

Notre Dame Kathedrale

Das aus Backsteinen kreierte Gebäude wurde von einem französischen Architekten im Jahre 1877 designt und ragt 60 m in die Höhe. Leider wird dieses renoviert und man darf nicht in das Gebäude rein. Die Kirche wurde für die französischen Kolonialisten im damaligen Saigon zur Abhaltung von Gottesdiensten gebaut.

Ho Chi Minh Statue

Stolz steht die Ho Chi Minh Statue vor einem stattlichen Gebäude in einem Park, das von 4 uniformierten Männern überwacht wird, welche auf Plastikstühlen sitzen, rauchen und auf ihre Handys starren. Viele Touristen stehen neben oder vor der Statue und lassen sich von ihren Begleitern ablichten.

Post Office

Unglaublich gelb und verschnörkelt liegt das Postamt vor uns und zieht viele Fotografen und ihre Models an. Es wurde von 1886 bis 1891 gebaut und ist das grösste Postoffice in ganz Vietnam. Es erinnert uns etwas an eine Zugstation oder eine Bleibe für reiche, adlige Vietnamesen. Die grosse Überraschung erlebt man, als ein Stapel von Briefen und Karten vorbeigebracht wird und man nur 15ˋ 000 Dong für eine Kartensendung in die Schweiz zahlen muss. Die schönen Briefmarken mit dem Motiv von vietnamesischen Persönlichkeiten oder Landschaften werden nicht mit Hilfe von Spucke auf die Karte geklebt, sondern werden per Pinsel mit schmierigem Kleister aus einem Kaffeebecher bemalt. Das ist ziemlich viel Arbeit, weil jede Sendung mindestens 2 Briefmarken braucht und der Platz auf der Postkarte etwas rar ist. Nach über 40 Postkarten und 2 Paketen werden die Hände von der ganzen Arbeit müde, doch die Mühe lohnt sich, denn nach 2 Wochen werden Dankesmeldungen von Familie und Freunde per Whatsapp gelesen.

Mid-Autumn-Festival

Es ist ein Quartier, welches nicht wirklich von anderen Strassen in Ho Chi Minh City zu unterscheiden ist, nur die rot goldigen Laternen auf Wäscheleinen erinnern zunächst an die Festlichkeit Mid-Autums-Festival, welches am Nachmittag mit Shows, Essenständen, prachtvollen Tierkostümen, Musik und Tanz starten und am Abend den Höhepunkt erreicht. Im Chinatown wird dieses Fest gross gefeiert und viele Menschen werden von diesem Magneten angezogen. In China liegt der Ursprung des Festes und wird am 15. Tag des 8. Monats des Lunar Kalenders gefeiert, wenn der Mond am hellsten scheint und den Herbst einlädt.

Der Mond hat einen speziellen Platz in der vietnamesischen Kultur und viele Festtage hängen mit diesem Himmelskörper zusammen.

Anti-War-Museum

Der so verheerende Vietnamkrieg ist lange vorbei, zwei Drittel der Vietnamesen sind unter 35 Jahre und kennen das Kriegsgeschehen nur aus Geschichtsbüchern. Sie verehren Bill Gates statt „Onkel Ho“, das Volk strebt nach Dollar statt Dong, Facebook statt Parteibuch!

Heute ist der Sozialismus in Vietnam nur noch Fassade. So wurde aus dem Museum der amerikanischen Kriegsverbrechen ab den 1990er-Jahren das weniger drastisch klingende Kriegsrestemuesum oder Anti-War-Museum, einer der meist besuchten Orten in Saigon: mit zahlreichen Dokumenten und schockierenden Schwarzweiss-Fotos der unvergesslichen Gräueltaten (etwa das My-Lai-Massaker in 1968) grösstenteils vom US-Fotografen wie Larry Burrows, mit Einweckgläsern von missgebildeten Föten von Folge der chemischen Kampfmittel und natürlich einer Propaganda-Abteilung. Doch Bilder und Zahlen sprechen ohnehin für sich: 7.5 Millionen Tonnen Bomben beim Luftkrieg, die gleiche Menge am Boden-mehr als dreimal so viel wie im 2. Weltkrieg. Vor dem Museumsplatz sieht man Kriegswaffen, Helikopter, Folterszenarien, Panzer. Wir gehen mit gedrückter Stimmung durch die Räume und können es kaum fassen, was vor knapp 50 Jahren in diesem Land passiert ist. Wie kann der Mensch dazu fähig sein? Es ist das eindrücklichste Museum, das man in Ho Chi Minh besuchen kann. Nichts für schwache Nerven und auf keinen Fall für Kinder, obwohl einige Familien ihre Sprösslinge auf die Museumstour mitnehmen.

Traditionelles Medizin-Museum

Was macht man am Sonntagnachmittag, wenn es brennend heiss ist? Man besucht ein Museum, welches man von vietnamesischen Freunden empfohlen bekommt. Den Anreiz gibt auch ein kleines, rotes Fläschchen, welches eine starke, eukalyptushaltige Flüssigkeit beinhaltet. Ein Tropfen auf der Handfläche reicht, welche man zwischen den Händen verreibt und inhaliert und für einen Moment die stinkenden und versmogten Strassen von Vietnam vergisst.

Das Museum ist auf 5 Stockwerken aufgeteilt und voll mit Schätzen aus den letzten Jahrhunderten, die an Apotheken erinnern. Heilpflanzen, Öle, Salben, Arzneimittel, Schlangen werden in Gläsern, auf Malereien, Bildern gezeigt. Die Vitrinen biegen sich unter der Last von verschiedenen Mörsern, Waagen, Töpfen usw. Die Handykamera klickt unaufhörlich, denn die geliebten Freunde und Familienmitglieder sollen zu Hause auch etwas von der Schönheit des Museums erhaschen können.

Am Schluss wird den Gästen ein Grüntee serviert und das kleine, rote Fläschchen präsentiert, von welchen wir gleich über ein Dutzend kaufen, um diese als Souvenier zu verschenken. Ob gegen Insektenstiche, Kopfschmerzen, Massageöl, oder kleine Erfrischung ist das Elixier ein Wunderwerk. Achtung: nicht auf Schleimhäute oder sehr empfindliche Stellen wie Pulsschlagader oder Schläfen streichen, da dies wie die Hölle brennt.

Opera

Das Operngebäude sticht mit seiner Eleganz aus dem Gesamtbild des Stadtzentrums heraus, denn es ist ein blendend weisses Haus mit Ornamenten und Statuen beim Eingang. Die kristallenen Kronleuchter und der schimmernde Granitboden im Inneren sind aus importiertem Material aus Frankreich. Man fühlt sich königlich in diesen Räumlichkeiten und es ist ein Muss, sich elegant zu kleiden. Das ovale Auditorium offeriert einen Platz mit hervorragender Sicht an 468 Kulturbegeisterte. Natürlich ist dieses Theater echofrei und verschluckt jeden Ton, damit keine Geräusche nach draussen dringen. Hoch profilierte Veranstaltungen finden in diesen Räumlichkeiten statt. Sehr beeindruckendes Erscheinungsbild, welches vom französischen Architekten Eugene Ferret im Jahre 1898 entworfen wurde.

Das kulturelle Angebot in der Opera von Ho Chi Minh City ist leider nicht gross, denn nur 5 verschiedene Shows werden in unregelmässigen Abständen präsentiert.

Am Freitagabend findet die À Ô Show statt, welche für 700ˋ000 Dong (35 CHFR.) pro Person gebucht wird. Der Titel dieses Spektakels wird phonetisch als Ahhh! Ohhh! Show verstanden und die Performance wird von 17 Artisten und Musikern seit Februar 2013 aufgeführt. Während einigen Monaten von 2015-2017 tourten sie sogar durch Europa. Genial ist, dass man sich vor Vorstellungsbeginn bei der Getränkestation mit Grüntee und Pfirsicheistee erfrischen kann, wenn man für das Ticket etwas mehr auf den Tisch gelegt hat, darf man sogar Weiss-und Rotwein zum Aufwärmen bekommen. Für alle interessierten Theaterbesucher gibt es sogar eine kleine Einführung in die Geschichte des Stücks und den Werdegang des Theaters. Ganz eindrücklich ist, dass im 2. Weltkrieg das halbe Gebäude zerbombt und von 1945-1955 geschlossen wurde, um danach aufgebaut zu werden und in neuem Glanz zu erstrahlen.

Es erzählt die Geschichten des südvietnamesischen Lebens mit all seiner Schönheit und seinen Kulturschätzen auf dem Land und in den urbanen Regionen. Die Verwandlung des Dorfes zur Stadt wird mit viel Liebe zum Detail, halsbrecherischen Stunts, virtuoser Musik und genialen Tanzeinlagen dargestellt.

À Ô ist ein Mix aus „bamboo cirque“, Akrobatik, Ausruckstanz und theatralischer, visueller Kunst. Die Musik wird ausnahmslos live von den Performern gespielt und nahtlos in die Vorstellung eingearbeitet. Ein absolutes Muss, wenn man diese Stadt besucht!

Es dauert eine Stunde ohne Pause, aber es lässt einem Lust auf mehr! Die ganze Truppe versammelt sich am Ende des Theaters beim Ausgang auf der Treppe und trommelt und singt nochmals für das Publikum. Es lädt ein, einige Fotos oder Videos davon zu machen. Die Gänsehaut bleibt bis zum Schluss und die Qualität der einstündigen Show ist erstaunlich und würde im Programm des Schaupielhaus Zürich wie eine Perle glänzen. Von Tripadvisor hat es im Jahre 2018 ein „Certificate of Excellence“ sehr wohl verdient. Eindeutig bester, kultureller Eindruck!!!

Cu-Chi-Tunnel

Unwahrscheinlich, dass in diesem Land vor nicht allzu langer Zeit ein erbarmungsloser Krieg herrschte. Der Tourismus macht auch hier nicht halt und zeigt die Kriegsorte im Dschungel. Der Tourist kann unkompliziert eine Tour über das Hotel buchen, welche einen halben Tag dauert und nur 240ˋ000 Dong (10 CHFR.) pro Person kostet. Der Ausflug beginnt eine Stunde zu früh um 7.30 Uhr mit lautem Klopfen an der Hoteltür, da die Kommunikation zwischen Vietnamesisch und Englisch nicht wirklich funktioniert. Zum Glück schafft man es um 8.10 Uhr auf den Car aufzuspringen und auf den vielen Plätzen den besten Platz zuhinterst zu ergattert, wo die Fahrt am holprigsten ist und man auf den Sitzen 2.5h herumhüpft. Der Guide erklärt mit eher holprigem Englisch den Vietnamkrieg mit den Geheimgängen unter der Erde und den Tagesablauf des Trips.

Im Dschungel kann man endlich frische Luft schnappen. Hier kann man den Schweizer Wald sehr vermissen. Der historisch angehauchte Ort ist etwas unheimlich, wenn man die Hintergrundgeschichte hört, die Szenen, welche mit Puppen gezeigt werden, welche den Alltag zeigen. Wie den Blindgängern, Bomben und Granaten die Menschen eine neue Funktion gegeben haben und das Metall recycelt wurde, ist einfach unglaublich. Unwahrscheinlich scheinen auch die Fallen, welche von den Vietcong konzipiert wurden. Die Familien lebten wie Tiere von Tag zu Tag und die Frauen und Kinder waren tagsüber in den Tunneln, nur die Männer waren an der Erdoberfläche. Das Grauen lässt den Atem stocken und Gänsehaut den Körper erschauern.

Der Gang in den Untergrund durch das unglaubliche Netzwerk ist sehr beängstigend, da es sehr eng ist und man fast darin kriechen muss, um vorwärts zu kommen. Es braucht Nerven aus Stahl, um all diese Eindrücke zu verarbeiten.

Unverständnis kommt auf, als man bei der Verpflegungstation und beim Souveniershop an einen Platz kommt, der für waffeninteressierte Touristen gedacht ist. Für 500ˋ000 Dong (20 CHFR.) kann man 10 Kugeln mit der AK-47 oder M16 abfeuern. Ein ohrenbetäubender Lärm, der nur auszuhalten ist, wenn man Kopfhörer dabei hat.

Der Ausflug ist einerseits verstörend, aber auch faszinierend, denn es zeigt, zu welchen Handlungen der Mensch fähig ist, wenn dieser bedroht ist. Unter welchen Umständen der Mensch überleben kann und wie einfallsreich die Überlebensstrategien sind.

Spa

Zum Glück kann man sich in Ho Chi Minh City auch sehr gut entspannen. Der Tipp von der vietnamesischen Freundin in der Schweiz ist Gold wert, denn es geht zwei Mal in den Spa & Massage Club „Golden Lotus“, welches jeden Dong wert ist. Das Angebot ist breit gefächert und von 30 min bis 120 min oder länger kann man sich verwöhnen lassen. Zum ersten Mal im Leben wird dieses Erlebnis mit grosser Vorfreude ausprobiert. Einige Ängste bringt diese Aktion schon mit sich, denn man weiss nicht, worauf man sich einlässt, wie der Ablauf des Prozederes ist und wieviel man entblößen muss.

Die Auswahl ist schwierig, doch bald entscheidet man sich für die „Signature Golden Lotus Body Massage“, während der man 90 Minuten lang von Kopf bis Fuss durchgeknetet wird, dass die Gelenke knacken. Gegen den Schluss gibt es sogar akrobatischen Einsatz der Masseusen, die dem „Opfer“ zum Beispiel die Knie in den Rücken stossen und nach hinten beugen, sodass man in der Luft liegt, getragen von einer kleinen Vietnamesin – es wirkt wie in einer Komödie. Trotz des körperlichen Einsatzes ist es höchst entspannend und wenn man mit weichen Knien das Spa verlässt, möchte man auf der Stelle kehrt machen und wieder hineingehen.

Art Gallery

An jeder Strasse gibt es kleine Räume voller Kunstwerke, welche talentierte Maler produziert haben. Ob echte Kunstobjekte einfach nachgestellt wurden oder eigene Ideen auf die Leinwand gemalt wurden, spielt keine Rolle. Jedes Bild ist einen Blick wert. Die Künstler bieten ihre Dienste auch den Touristen an. Um ein Foto abzuzeichnen und auf ein 30 cm x 30 cm zu vergrössern, dauert es nur drei Tage und kostet rund 40 Dollar. Eigentlich ein Schnäppchen, welches man nirgends findet. Die sichere Rückreise ins Heimatland würde das Kunstwerk jedoch nicht überstehen!

Kino und Anderes

Erstaunlicherweise ist das Kinocenter sehr modern, extrem sauber und gefüllt mit jungen Menschen. Man entdeckt keine Menschen über 31 Jahren, denn die Tradition des Kinogangs ist für die ältere Generation einfach nicht üblich, wie von einer gebürtigen Vietnamesin erklärt. Zum Glück sind die Filme in Originalsprache und haben vietnamesische Untertitel, die zum Verständnis beitragen. Eine nervige Gewohnheit der Vietnamesen ist es, während dem Film interessante Szenen lautstark zu besprechen, was in der Schweiz als sehr unhöflich angesehen wird. Darstellungen von Literatur mit Hilfe von Lesungen kennt man in diesem Land nicht wirklich und auch Konzerte ausserhalb der Opernhäuser sind leider rar. Dafür aber findet man in den Städten sehr viele, gut gewartete und besuchte Parkanlagen, in denen schon früh am Morgen ältere Leute an den einfachen Fitnessgeräten trainieren und Schüler in grossen Mengen Badminton oder Hacky Sack spielen. Rundherum braust der Verkehr und der Smog lindert für Touristen das Erlebnis leider ein wenig.